7. Kappen, geizen und ausmisten

Die Arbeitseinsätze folgen nun fast im Zweiwochentakt. Denn im Moment benötigen die noch jungen Dolden besondere Aufmerksamkeit und Pflege, damit sie denn auch schön gedeihen können. Da sich die Grauschimmelfäule breitzumachen droht, steht für die kommenden Tage eine Spritzung an.

Kampfansage an die Grauschimmelfäule

Botrytis – also die Grauschimmelfäule – war bereits bei unserem letzten Einsatz ein Thema. Die rechtzeitige Durchführung von Laubarbeiten ist eine wichtige Massnahme im Kampf dagegen. Eine Spritzung mit einem Botrytizid eine weitere. Da unser Winzer für die nächsten Tage eine solche Spritzung plante, erhielten wir wiederum einen Marschbefehl, unsere Rebstockreihe eben darauf vorzubereiten. Denn Botrytizid-Spritzungen seien eine äusserst kostspielige Angelegenheit, erfuhren wir. Damit diese ihre Wirkung denn auch voll entfalten könne, sei es enorm wichtig, die dazu notwendigen Vorarbeiten sorgfältig auszuführen.

Diesmal ohne Genickstarre - mit der ausziehbaren Schere!Diesmal ohne Genickstarre - mit der ausziehbaren Schere! (Foto by: Corinna Schneider)

Die „To-do-Liste“ für diesen Einsatz

Zur Vorbereitung dieser wichtigen Spritzung gehörte zunächst das Ausmisten rund um die Trauben. Das hiess, die Nebentriebe im Doldenbereich erneut wegzukappen – auszugeizen, wie man im Fachjargon sagt. Der aufmerksame Leser wird sich erinnern, dass das bereits bei unserem letzten Einsatz zu den Kernaufgaben gehörte. Nun, Anfänger, die wir sind, hatten wir bei Weitem nicht alle davon erwischt. Also erhielten wir eine weitere Gelegenheit, nachzubessern.

Ausserdem – so behaupten wir mal – hatte es zahlreiche neue Nebentriebe gegeben. Denn wir entdeckten wiederum nicht wenige davon. Zudem mussten wir das Blattwerk um die Dolden entfernen, und zwar so, dass das Botrytizid auch tatsächlich auf den Dolden landen kann, diese jedoch immer noch von Blättern gegen Hagel und die ungefilterte Sonneneinstrahlung geschützt sind. Die Julisonne ist heiss. Würde man die Blätter jetzt ganz entfernen, würden die jungen Beeren in der Gluthitze verkümmern. Und wir wollen ja Wein! Am liebsten einen Barrique. Bei diesen tropischen Temperaturen sind wir schon mal nicht schlecht unterwegs, um dieses hehre Ziel zu erreichen.

Aller guten Dinge sind drei: Die dritte Aufgabe bestand darin, die Haupttriebe etwa 30 cm über dem obersten Draht zu kappen. Letzteres war eine Aufgabe für die Grossen unter uns, beschlossen die Kleinen. Denn die Genickstarre vom letzten Mal war noch in bester Erinnerung. Aber nix da, wozu gibt es denn entsprechende Scheren, die sich ausziehen lassen?

Die Nebentriebe im Doldenbereich erneut wegkappen – ausgeizen, wie man im Fachjargon sagt.Die Nebentriebe im Doldenbereich erneut wegkappen – ausgeizen, wie man im Fachjargon sagt. (Foto by: Corinna Schneider)

Gluthitze, aufziehende Gewitter und Städter am Winzern

Die letzten Tage waren extrem heiss gewesen. Das hiess, die Reben hatten wiederum einen beachtlichen Wachstumsschub hinter sich und ragten hoch über den oberen Draht hinaus. Die meisten von uns freuten sich nicht wahnsinnig auf den Einsatz und überlegten fieberhaft, welch valable Entschuldigung für ein Fernbleiben sie auftreiben konnten. Denn für den geplanten Abend waren Rekordtemperaturen von über 35 Grad angesagt. Für die zweite Tageshälfte musste man mit Gewittern rechnen.

Die Anwesenden waren also hin und her gerissen: In der Hitze arbeiten und wie in der Sauna zu schwitzen oder auf ein kühlendes Gewitter zu hoffen, dafür die Arbeit nicht erledigen zu können. Die Wolken zogen zwar bedrohlich auf; auch gab’s einen heftigen Gutsch von oben, kaum hatten wir mit der Arbeit begonnen. Doch nach drei Minuten war der Spuk bereits wieder vorbei; Abkühlung hatte er keine gebracht. Nach eineinhalb Stunden waren wir in Schweiss gebadet – doch ganz so schlimm wie erwartet wurde es denn doch nicht. Dank guter Arbeitsaufteilung und einer zaghaft aufkeimenden Routine ging uns die Arbeit schnell von der Hand, sodass wir unerwartet rasch zum gemütlicheren Teil des Abends übergehen konnten: dem Zusammensitzen und Plaudern bei Mineralwasser und Wein („in order of priority“).

Für diesen Einsatz wurden wir aufgefordert, eine Heckenschere mitzunehmen, sofern man eine solche sein Eigen nennt. Aber sicher – für Gärtnerarbeiten auf Balkonien benötigt man so was unbedingt; täglich. Kurz: Wir hatten keine. Beflissen nahmen wir stattdessen alle eine Gartenschere mit, in der Hoffnung, die genüge auch. Drollige Idee, wenn man die Dinger sieht, die zum Kappen der Spitzen notwendig waren. So wurden die Gartenscheren alle ungenutzt wieder eingepackt - zur allgemeinen Belustigung auch fein säuberlich in ein Tupper Ware – vermutlich, damit sie da schön frisch bleibt. Städter im Weinberg halt!


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